Aus dem Kurs: User Experience Grundlagen: User Research

Contextual Inquiry – Kontextanalyse – teilnehmende Beobachtung

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Contextual Inquiry – Kontextanalyse – teilnehmende Beobachtung

Contextual Inquiry bedeutet Kontextanalyse, manchmal spricht man auch allgemeiner von einer Feldstudie oder von einer ethnografischen Studie. Die häufigste Form der Kontextanalyse ist das Contextual Interview, dabei besuche ich den Probanden zu Hause oder am Arbeitsplatz, dann bitte ich dem Nutzer eine bestimmte Aufgabe zu lösen oder eine Tätigkeit vorzuführen, dabei frage ich ihn, warum er was genau macht. Man spricht auch von der teilnehmenden Beobachtung, denn ich beobachte einerseits genau, andererseits bin ich kein unbeteiligter Zuschauer, sondern ich bringe mich aktiv ins Geschehen ein. Natürlich muss ich da aufpassen, dass ich durch meine Teilnahme die Untersuchung nicht verfälsche, denn ich will ja, dass die Teilnehmer sich genauso verhalten, wie sie es tun würden, wenn ich nicht dabei bin. Wichtig, ich bin ja kein Kontrolleure, sondern eher ein Lehrling. Ich lasse mir vom Teilnehmer der Studie zeigen, wie er es macht, um es zu verstehen, so genau, dass ich danach in der Lage bin, das genauso zu wiederholen. Das zeigt, je praktischer eine Tätigkeit, desto mehr Informationen bringt mir eine Kontextanalyse. Etwas in einem Webshop zu bestellen, das funktioniert im Usability-Labor ähnlich gut, wie beim Nutzer zu Hause. Wie der Nutzer aber mit dem Navigationssystem in seinem Auto umgeht, das erfahre ich richtig nur im Auto des Benutzers. Befrage ich ihn irgendwo anders, muss er sich erinnern, und die menschliche Erinnerung, die ist nicht besonders zuverlässig, insbesondere wenn es um alltägliche, quasi automatische Bewegungsabläufe geht, aber selbst das Einkaufsbeispiel kann ich mit einer Kontextanalyse untersuchen. Bei der Kontextanalyse würde ich eine Testperson zu Hause besuchen und sie bitten den Einkauf zu machen. Ich sehe dann, geht er zum PC, schaltet er den erst an oder läuft er schon, welchen Browser nutzt er, arbeitet er vor allen Dingen mit der Maus oder auch mit Tastenkürzeln oder nimmt er gleich sein Smartphone, wo liegt das, wie hält er es, unterbricht er zwischendurch seine Arbeit, was macht er danach? Währenddessen und danach kann ich ihn alles dazu fragen, was mir in den Sinn kommt. Und ich komme mit einer Fülle von Beobachtungen zurück. Die Methode ist sozusagen eine Mischung zwischen einem Usability-Test und einem Interview. Beim Usability-Test da stelle ich der Testperson eine Aufgabe, die sie lösen soll. Die Aufgabe versuche ich so realistisch wie möglich zu gestalten, und doch geht dabei immer etwas verloren. Jedem Teilnehmer stelle ich die gleiche Aufgabe, damit ich eben vergleichen kann und ich bin in meinem Usability-Labor. Bei der Kontextanalyse bin ich dagegen vor Ort, beim Nutzer, bei ihm zu Hause oder in der Arbeit. So bekomme ich zum Beispiel auch mit, welche Ausstattungen der Nutzer hat, wie er die an seine Bedürfnisse angepasst hat, wann und wie er sie einsetzt, welchen Einfluss die Umgebung hat, wie andere mit interagieren, also zum Beispiel Familienmitglieder oder Kollegen. Alles in allem ist die Kontextanalyse eine sehr lohnende Methode, um in frühen Projektphasen mehr über die Nutzer zu erfahren und vor allen Dingen darüber, wie sie tatsächlich arbeiten. Die Methode ist zwar recht zeitaufwendig, aber es lohnt sich immer ein paar solche Interviews zu führen.

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